Vorlage an den EuGH zur Einstufung von gemischtem Altpapier bei Verbringungen

Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 10.10.2018 (Az: 14 K 3142/16) Vorlagefragen zur Einstufung von gemischten Altpapierabfällen in Bezug auf deren Notifizierungsbedürftigkeit übermittelt. Das Gericht sah eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als unumgänglich an, da es in dem betreffenden Verfahren mit einer von der eigenen Rechtsauffassung abweichenden Auslegung eines niederländischen Gerichts konfrontiert war.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, ein deutsches Entsorgungsunternehmen, erfasst seit 2006 deutschlandweit Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton („PPK“) und führt diese der Verwertung zu. Sie bringt das aufbereitete Altpapier grenzüberschreitend als Abfall in eine Papierfabrik in die Niederlande, wo aus dem Altpapier neues Papier und Pappe hergestellt werden. Nach den Vorgaben der niederländischen Papierfabrik besteht das gelieferte Altpapier zu 90 % aus Papier, Pappe und Karton sowie Verbunden auf PPK-Basis. Enthalten sein dürfen zudem maximal 10 % Störstoffe, deren Zusammensetzung ebenfalls vorgegeben ist.

Bislang wurden die Verbringungen in die Niederlande gem. der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 („VVA“) in einem förmlichen Verfahren notifiziert. Im Jahr 2015 erstritt jedoch die Papierfabrik vor einem niederländischen Gericht die Anerkennung der Einstufung der Papierabfälle in die sog. Grüne Liste unter dem Basel Code B3020 des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006. Somit wäre ein Notifizierungsverfahren nicht mehr notwendig und die Papierabfälle könnten unter Beachtung der allgemeinen Informationspflichten des Art. 18 VVA verbracht werden (Stichwort: Annex VII Dokument).

Unter Zugrundelegung dieses Urteils wandte sich die Klägerin an die Beklagte (die Sonderabfallagentur Baden-Württemberg) und bat ebenfalls um die Einstufung der Papierabfälle unter den Basel Code B3020. Die Beklagte lehnte dies in der streitgegenständlichen Entscheidung mit der Begründung ab, dass sich das Altpapiergemisch nicht vollständig unter einen der vier Spiegelstriche des Basel-Code B3020 einordnen ließe. Eine Einstufung unter Nr. 3 lit. b Anhang IIIA scheitere zudem an dem hohen Fremdstoff- und Störstoffanteil. Die Abfälle blieben mithin notifizierungspflichtig.

Die erkennende Kammer des VG Stuttgart hat in ihrem Vorlagebeschluss deutlich gemacht, dass ihrer Auffassung nach die Rechtsauslegung der Beklagten zutreffend sei. Allerdings stünde dieser Auslegung das Urteil des niederländischen Gerichts entgegen. Das VG Stuttgart weist darauf hin, dass das niederländische Urteil und die darin aufgeführte Begründung, dass die gemischten Papierabfälle unter den vierten Spiegelstrich des Basel-Code B3020 fielen, auch auf die jeweilige Übersetzung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 zurückzuführen sein könnte. Während die deutsche Fassung des vierten Spiegelstrichs sich auf „nicht sortierten Ausschuss“ bezieht, bezeichnet die niederländische Fassung dies als „nicht sortierten Abfall“.

Die Entscheidung des EuGH zu dieser Frage, die von hoher praktischer Relevanz ist, bleibt abzuwarten. Das VG Stuttgart hat das dort anhängige Verfahren bis zu einer Entscheidung aus Luxemburg ausgesetzt.

 

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Köln, 17.12.2018

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