Störerauswahl und Abfallgemische

Die Auswahl des Entsorgungspflichtigen (sog. Störerauswahl) kann im Abfallrecht rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten bereiten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mehrere „Störer“ zur Auswahl stehen. Die Behörde muss dann im Rahmen ihrer Ermessenausübung die Entscheidung treffen, gegen wen eine Entsorgungsanordnung zu richten ist.

Das OVG Greifswald (Beschluss vom 07.06.2019, Az.: 5 B 616/19 HGW) bestätigt, dass der Betreiber einer Silageanlage dazu verpflichtet werden kann, auf Grundlage des § 62 KrWG auf dem von ihm gepachteten Grundstück Abfälle zu entsorgen und insbesondere einer vorrangigen Verwertung zuzuführen. Denn nur der Pächter könne hier eine effektive Gefahrenabwehr gewährleisten. Im konkreten Fall befand sich die Silageanlage auf sieben Grundstücken, die im Eigentum von vier Eigentümern standen. Die daneben infrage stehenden Grundstückeigentümer kämen als Adressaten der Verfügung nicht in Betracht, da sich die Abfallentsorgung nur auf ihr jeweiliges Grundstück begrenzen würde.

Für die Störerauswahl spielen die Grundsätze der Effektivität, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Zumutbarkeit und das Verursacherprinzip eine wichtige Rolle. Insbesondere kann die tatsächliche Sachherrschaft für eine Inanspruchnahme des Abfallbesitzers sprechen. Nach Ansicht des OVG Greifswald war der Silageanlagenbetreiber aufgrund seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt über den Abfall der richtige Adressat der Verfügung.

Auch ist das OVG Greifswald der Frage nachgegangen, ob ein untrennbares Gemisch aus Abfällen und sonstigen Stoffen und Gegenständen als Ganzes entsorgungspflichtig ist. Vorliegend handelte es sich um ein Gemisch aus Futtermittelresten, Kompost und unbelastetem Boden. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG sind Fäkalien, Stroh und tierische Nebenprodukte von dem Anwendungsbereich des KrWG ausgeschlossen. Sie unterfallen somit auch nicht § 62 KrWG. Da es sich aber um ein Abfallgemisch handelt, das nicht mehr in seine einzelnen Bestandteile zerlegt werden kann, unterliegt es in seiner Gesamtheit dem KrWG. Der unbestimmte Anteil der Futtermittelreste wird somit auch erfasst.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das vorliegende Judikat des OVG Greifswald die Kriterien für eine ordnungsgemäße Störerauswahl aufzeigt. Die Entscheidung liegt damit auf der Linie der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Hinblick auf die abfallrechtliche Bedeutung untrennbarer Gemische sorgt die Entscheidung für eine weitere Konturierung bzw. Ausdehnung der abfallrechtlichen Anforderungen.
 

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Köln, 02.12.2019

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