Asbest im Bauschutt

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat mit Beschluss vom 18.04.2024 (Az.: 20 A 726/20) zu der Rechtsfrage Stellung genommen, ob ein asbesthaltiges Bauschuttgemisch als Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung anzusehen ist. Geklagt hatte ein Tiefbauunternehmer, der zur Aufschotterung einer Baustelleneinrichtungsfläche Recyclingmaterial verwendete, welches er zuvor von einem Dritten bezogen hatte. Nachdem eine Beprobung ergab, dass das Recyclingmaterial neben ungefährlichen Bauschutten auch Asbestzementbruchstücke mit einem Anteil von jeweils bis zu 15 Prozent Asbest enthielt, stufte die zuständige Behörde das Abfallgemisch als für die Baustelleneinrichtung ungeeignet ein und ordnete die kostenpflichtige Beseitigung der Massen an. Diese Beseitigungsanordnung hat das Oberverwaltungsgericht jetzt bestätigt, da es sich bei den Recyclingmaterialien um unverwertbare gefährliche Abfälle handele.

Obwohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Gefährlichkeitsbeurteilung eines Abfallgemischs grundsätzlich auf die Gefährlichkeit des Gemischs als Ganzes und nicht auf den sortenreinen Einzelabfall abgestellt werden muss, stützt das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung allein auf eine Betrachtung des Asbestmassegehalts der belasteten Baustofffraktionen. Dieser lag mit bis zu 15 Prozent deutlich über dem nach dem Gefahrstoffrecht maßgeblichen Grenzwert von 0,1 Prozent. Hätte das Oberverwaltungsgericht den Asbestgehalt dagegen unter Einbeziehung der gesamten – belasteten und unbelasteten – Abfallmasse berechnet, wäre der gesetzliche Grenzwert noch eingehalten worden.

Entscheidend ist nach Auffassung des Gerichts, dass für die Gefährlichkeitsbeurteilung eines Abfallgemischs ausnahmsweise auf den Einzelabfall abgestellt werden muss, wenn das Gemisch unter Verstoß gegen abfallrechtliche Bestimmungen zustande gekommen sei. Vorliegend habe „eine nicht sachgerechte Sanierung eines Gebäudes oder eine Beimischung von Schadstoffen in das Recyclingmaterial“ bzw. „eine Abfallvermengung aus sauberem Bauschutt mit einem Gefahrstoff“ stattgefunden. So lasse das Auffinden etwa von Asbestzementformteilen von Rohrleitungen und Bruchstücken von Welleternitplatten aus Asbestzement darauf schließen, dass eine den abfallrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufende unzulässige Vermischung gefährlicher und ungefährlicher Einzelabfälle aufgetreten ist.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist rechtlich nachvollziehbar, wenn unterschiedlich gefährliche Einzelabfälle nach ihrem Anfall in unzulässiger Weise vermischt werden. Gleichwohl ist die Entscheidung völlig realitätsfern bzw. ausschließlich interessengeleitet, wenn man bedenkt, dass selbst beim geordneten Abbruch von Gebäuden sowie unter Einhaltung aller Getrennthaltungspflichten der Eintrag von Asbest in ein Bauschuttgemisch nicht realistisch auszuschließen ist. Vor diesem Hintergrund wird die jetzt vorliegende Entscheidung noch zu zahlreichen (juristischen) Diskussionen führen.

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Köln, 07.06.2024

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